Die lateinische Sprache ist von einer sehr klaren Satzstruktur sowie mehrdeutigen Formen und Wörtern geprägt. An den Endungen der Wörter werden Merkmale wie z.B. die Zeitform, der Fall oder die Zahl erkennbar. Das bedeutet, dass beim Übersetzen einerseits durch genaues Kombinieren ein Entschlüsseln der grammatischen Zeichen und Strukturen notwendig ist. Andererseits kommt es darauf an, inhaltliche Mehrdeutigkeiten gegeneinander abzuwägen und die beste Bedeutung herauszufinden. Ein Beispiel soll dies veranschaulichen:
Der Satz Quintus amicum adit zeigt dem Leser zunächst: Quintus ist das handelnde Subjekt, erkennbar an der Endung –us; amicum antwortet auf die Frage wen oder was? (Endung –um), adit zeigt an, dass er, sie oder es handelt. Da adit mehrere Bedeutungen hat (adire: herangehen, besuchen, sich wenden an, angreifen), kann der Satz vieles bedeuten: Quintus wendet sich an den Freund. Quintus besucht den Freund. Quintus greift den Freund an. Welche Lösung ist nun die richtige? Das muss aus dem Textzusammenhang heraus begründet werden.
Es gibt also keine schnellen Lösungen beim Übersetzen. Vielmehr sind eine gründliche Sprachbetrachtung, problemlösendes Denken, Kreativität und Unterscheidungsvermögen gefragt.